Sondertilgung oder ETF Investment?

Heute geht es um eine Frage, die manche Hausbesitzer beschäftigt: Sollte man eine jährliche Bonuszahlung als Sondertilgung in die Hausfinanzierung einbringen oder ist es klüger, diesen Betrag in ein ETF-Depot zu investieren? Diese Frage stellte sich nämlich kürzlich einer meiner Klienten, den ich im letzten Jahr bei seiner Hausfinanzierung unterstützte.

Die Ausgangssituation

Mein Klient steht vor der Wahl, wie er die jährliche Bonuszahlung von seinem Arbeitgeber in Höhe von 6.000€ am besten in die bestehende Finanzierung einbringen kann. Er hat ein Annuitätendarlehen in Höhe von 340.000€ zu einem Sollzins von 3,99% (4,09% effektiv) mit einer Zinsbindung von 10 Jahren aufgenommen. Seine monatliche Rate beträgt 1.555€. Die Entscheidung, die er treffen muss, hat langfristige finanzielle Auswirkungen.

Option 1: Die Sondertilgung

Durch regelmäßige Sondertilgungen von 6.000€ jährlich könnte die Laufzeit seines Darlehens von ursprünglich ca. 32,5 auf etwa 20 Jahre reduziert werden. Damit würde er gleichzeitig auch seine gesamten Zinskosten von 268.341€ auf 158.459€ senken – eine beachtliche Zinskostenersparnis von 109.882€, also eine garantierte “Rendite” in Form eingesparter Zinsen. Außerdem wird das Risiko reduziert, nach Ablauf der ersten Zinsbindung in der Anschlussfinanzierung teurer weiter zu finanzieren, falls die Zinsen bis dahin weiter steigen.

Grafisch dargestellt sieht dies dann wie folgt aus:

Darlehensverlauf ohne Sondertilgung

Darlehensverlauf mit Sondertilgung

Option 2: Das ETF-Investment

Alternativ könnte mein Klient entscheiden, die 6.000€ jährlich in einen ETF-Sparplan mit einer angenommenen durchschnittlichen Rendite von 6%* zu investieren. Über 20 Jahre gerechnet (der Zeitpunkt, zudem das Darlehen mit Option 1 vollständig getilgt wäre) könnte er so einen Depotwert von etwa 220.714€* aufbauen. Diese Summe würde ausreichen, um die verbleibende Restschuld des Darlehens zu diesem Zeitpunkt in Höhe von ca. 184.479,02€ zu tilgen und darüber hinaus ein Plus von 36.235€ zu erzielen.

Diese Option bietet also die Möglichkeit auf höhere Erträge, birgt jedoch auch ein nicht zu vernachlässigendes Risiko, nämlich die angenommene Rendite nicht zu erreichen, da die Renditen von Marktschwankungen abhängig sind.

*Kosten und Steuern unberücksichtigt

Die Renditeberechnung

Die kritische Frage ist, welche Rendite der ETF-Sparplan mindestens erbringen müsste, um finanziell vorteilhafter als die Sondertilgung zu sein. Hierzu muss der ETF-Sparplan nach ca. 20 Jahren mindestens einen Wert in Höhe der Restschuld des Darlehens erreichen, also 184.479,02€. Hieraus lässt sich ableiten, dass eine durchschnittliche Mindestrendite für den ETF-Sparplan von 4,31% erforderlich wäre. Historische Daten weisen darauf hin, dass solche Renditen realistisch sind, doch die Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.

Ein Blick in die Geschichte

Ein Rückblick auf die Entwicklung der Finanzmärkte zeigt, dass die schlechteste Rendite des globalen Aktienmarktes bei einer Haltedauer von 20 Jahren zwischen 1901 und 2020 bei 2,9% lag. Die durchschnittliche Rendite hingegen betrug 7,5%. Auf Basis der Vergangenheitswerte ist es folglich nicht unwahrscheinlich, eine durchschnittliche Mindestrendite von 4,31% zu erzielen. Diese Zahlen bieten eine sehr gute Entscheidungsgrundlage.

Fazit

Die Entscheidung zwischen Sondertilgung und ETF-Investition hängt stark von den persönlichen finanziellen Zielen und der Chancenorientierung (negativ formuliert: Risikoaffinität) meines Klienten ab.

Eine persönliche Entscheidung

Die Sondertilgung bietet Sicherheit und vorhersehbare Einsparungen, während ein ETF-Investment das Potenzial für höhere Gewinne bietet, aber auch Schwankungen unterliegt.

Persönliche Beratung

Es ist wichtig, dass Ihr fundierte finanzielle Entscheidungen trefft, mit der Ihr Euch langfristig wohl fühlt.

Ein professioneller Finanzberater hilft Euch dabei, eine vernünftige Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

Mein Klient hat sich übrigens dazu entschieden, zunächst jährliche Sondertilgungen zu leisten;)


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